Schul-ICT – (auch) eine Führungsaufgabe

Sämtliche Aufgaben rund um eine praxistaugliche ICT-Infrastruktur an Volksschulen, von der Planung, über die Beschaffung und die Etablierung, bis zum Einsatz im Unterricht, sind anspruchsvolle Prozesse. Um diese sauber abwickeln zu können, ist eine intakte Führungsstruktur unabdingbar.

Führen heisst aktiv gestalten

«Beauftragt mit der Ersatzbeschaffung und Installation der ICT der Schule x wird die Firma y» - so liest man es öfter in amtlichen Publikationen. Submission durch, «die Firma» kommt und alles ist in Butter … weit gefehlt! Eine moderne und für eine Schule passende ICT-Infrastruktur bedingt eine moderne und flexible Führung, welche die Führungsverantwortung auch wirklich übernimmt. Dabei ist zwischen «Dienstleistungsempfängern» und «Dienstleistungserbringern» zu unterscheiden, wie ich sie nenne: Erstere sehen ihre (Führungs)aufgabe alleinig darin, Offerten einzuholen und Externe die immer gleiche Hard- und Software installieren und betreiben zu lassen. Der Fokus liegt dabei auf der blossen Weiterführung und Aufwandminimierung. Dienstleistungserbringer hingegen agieren stets nach den Credos «Können wir dies nicht auch selber machen?» und «Wer nicht versucht besser zu werden, ist nicht mehr gut».

Grundsätzlich ist aus meiner Sicht nichts falsch daran, wenn – z.B. aufgrund fehlenden qualifizierten Personals – der Grossteil der ICT-Prozesse einer Schule ausgegliedert werden, eine solche Schule benötigt dann aber auch keinen bezahlten Technischen ICT-Supporter, welcher ausschliesslich Sekretariatsarbeit leistet, dafür existiert, wie der Name schon sagt, nämlich das Sekretariat. Für mich persönlich ist diese Handhabung aber ausschliesslich eine Übergangslösung, es ist immer die Etablierung einer funktionierenden ICT-Führungsstruktur mit gut ausgebildeten PICTS und TICTS anzustreben, welche aktiv Einfluss auf die ICT-Entwicklung der Schule nimmt.

Von der strategischen …

Steht eine Schule bezüglich Umgang mit ICT am Anfang und will  – z.B. aufgrund der durch den Lehrplan 21 vorgegebenen zu erreichenden Kompetenzen im Modul «Medien und Informatik» - eine für sie passende ICT-Infrastruktur aufbauen, so benötigt sie eine strategisch ausgerichtete ICT-Steuergruppe. Die Mitglieder einer solchen Steuergruppe sollten mindestens ein Vertreter oder eine Vertreterin aus dem Gemeinderat oder Schulvorstand, aus der Schulpflege, der Schulleitung und dem Pool der lokalen ICT-Supporterinnen und -Supporter aufweisen. Bestenfalls übernimmt die Schulleitungsvertretung, als Bindeglied zwischen Gemeinde/Schulpflege und Schule, die Führung einer solchen Gruppe. Das Gleiche gilt natürlich auch für jede Schule, welche eine grössere (Ersatz)beschaffung anstrebt. Diese Zusammensetzung garantiert den essentiellen Austausch von Informationen nach Innen und nach Aussen und die Legitimation sämtlicher getroffenen Entscheide.

Ein regelmässiges Treffen der strategischen ICT-Steuergruppe auch ausserhalb von Beschaffungsrunden schafft ausserdem Transparenz, welches wiederum Vertrauen auf allen Ebenen generiert.

… zur operativen Führung

Die Aufgaben einer operativen ICT-Steuergruppe sind nicht wichtiger, aber sicherlich vielfältiger als diejenigen der strategischen. So hat sie u.a. zu eruieren, in welche Richtung sich das pädagogisch-didaktische ICT-Konzept entwickeln soll. Aus diesen und immer nur aus diesen Überlegungen ist dann das technische Konzept und damit auch die Anzahl und Art der Geräte abzuleiten. Während einer Beschaffungsphase leistet die operative Steuergruppe also wichtige Vorarbeit für die strategische. Somit bietet es sich an, dass auch hier die oben erwähnte Vertretung aus der Schulleitung die Sitzungsleitung übernimmt. Unterstützt wird sie dabei von mindestens einem oder einer PICTS und TICTS.

Neben den bereits erwähnten Aufgaben, welche mit den Aufgaben der strategischen Steuergruppe eng verflochten sind, gibt es für die operative ICT-Steuergruppe noch vieles mehr zu tun: Organisation der Aus- und Weiterbildung des Kollegiums, der TICTS, PICTS und evtl. ICT-Coaches, Installation und Wartung der ICT-Infrastruktur (wenn immer möglich selbsttätig), Sicherung und Ausbau des Know-hows, technischen und pädagogisch-didaktischen Support für Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler und vieles mehr.

Die Rolle des ICT-Konzepts

Gerne platzieren Schulen ihr ICT-Konzept prominent auf ihrer Website um zu demonstrieren, dass es sich bei ihrer Bildungseinrichtung um eine moderne handelt. Leider beinhalten solche Konzepte häufig Allgemeinplätze und dienen mehr vorgenannter Profilierung als wirklich als nützliches Werkzeug. Dabei sollte es genau ein solches sein – ein ICT-Konzept, welches nicht aktiv eingesetzt und somit ständig weiterentwickelt wird, sollte besser gar nicht erst zu Papier gebracht werden, die Zeit dafür kann sinnvoller genutzt werden. Ein nützliches Konzept keimt in den Köpfen der lokalen Akteurinnen und Akteure, wächst in deren Handeln und erblüht schliesslich in einer kurzen, praxisnahen schriftlichen Fassung, welche nie Anspruch auf Vollständigkeit, Dauerhaftigkeit oder gar Dogmatismus erhebt. Den dafür nötigen Mut zur Lücke und zum schonungslosen Aufzeigen der blinden Flecken einer Schule benötigt wiederum Führung, welche selbst wichtiger Inhalt des besagten Konzepts sein sollte. Führung, ICT-Tätigkeit und Konzept bedingen sich also gegenseitig und stehen somit in ständiger Wechselwirkung und Entwicklung.

Fazit

Immer wieder machen Schulen den Fehler, bei einer (Ersatz)beschaffung die Technik in den Vordergrund zu stellen und sich – häufig unbewusst - auf dem Gewohnten auszuruhen. Praxisarme ICT-Konzepte unterstützen diesen unerwünschten Prozess. An erster Stelle sollten aber immer pädagogisch-didaktische und somit auch strategisch-operative Überlegungen stehen. Fragen wie «Wie ermöglichen wir unseren Schülerinnen und Schülern möglichst effizientes Lernen im Bereich «Medien und Informatik» gemäss Lehrplan 21?», «Wie reduzieren wir die Abhängigkeit von Drittfirmen möglichst stark?» oder «Wie generieren wir ein Maximum an Know-how für unsere Führungsorgane, ICT-Supporter und Lehrpersonen?» sind somit vorgängig zu klären. Dazu sind stabile Führungsstrukturen mit Personen, welche echte Verantwortung übernehmen und den Geist des lebenslangen Lernens vorleben, nötig. Sprichwörtlich gesagt müssen die Windmühlen der Weiterentwicklung die Mauern der Gewohnheit ersetzen, um den Wind der stetigen Veränderung nicht aufzuhalten (da er sowieso nicht aufzuhalten ist), sondern sinnvoll zu nutzen.

Patrick Huggel