ICT-(Ersatz)beschaffung: Qualität vor Quantität

Es ist Januar, die neuen Budgets können abgerufen werden. Sicherlich wurde im Zeitalter der Digitalisierung auch einigen Schulen der eine oder andere Kredit zur Beschaffung von ICT-Mitteln bewilligt. Aber wie soll der Geldsegen nun sinnvoll eingesetzt werden? Nicht immer sind es die standardisierten Abläufe, welche den besten Output liefern.

 

(Zu)viel Geld kann hinderlich sein

Der einem flexiblen Beschaffungsprozess am meisten hinderliche Fehler wird meist schon bei der Planung vor der Beantragung eines Kredits gemacht – die «Kiste» wird zu gross geplant. So ist es zwar toll, auf einen Schlag wieder eine topmoderne Ausrüstung zu besitzen, dieses Vorgehen zieht aber auch einen Rattenschwanz an Problemen nach sich. So erreicht man schnell die Grenze von 100'000.- welche ein freihändiges oder gar 250'000.-, welche auch ein Einladungsverfahren verunmöglicht (am Beispiel des Kantons Aargau, andere Kantone kennen ähnliche Grenzen). Der Auftrag muss öffentlich ausgeschrieben werden, die Wahlfreiheit, stark eingeschränkt. Weiter bedeuten grosse Beträge auch häufig grosse Abstände zwischen einzelnen Ersatzbeschaffungen, häufig fünf Jahre oder mehr – eine Zeitspanne, welche in digitaler Zeit gemessen, beinahe einem Jahrhundert entspricht.

 

DIY

«Do it yourself» sollte für eine Schule und ihren technischen ICT-Verantwortlichen immer auf der eigenen Flagge stehen. Dies ist aber wiederum nur möglich, wenn die Anzahl der neu zu beschaffenden und installierenden Komponenten überschaubar und selber wählbar ist. Es lohnt sich, internes Wissen über die Installation und Pflege der eigenen ICT-Infrastruktur aufzubauen. Es wird der Gemeinde, der Schulleitung und den Lehrpersonen mit tiefen Supportkosten, der Verhinderung von teuren Abos für Firmewareupdates, weil bei der in der Ausschreibung siegreichen Firma gekauft werden musste und einer schnellen Reaktion des internen Supports bei Hard- und Softwareproblemen gedankt werden. Besteht die Kapazität nicht, alles von Grund auf selbst zu planen und zu installieren, kann ein Beratungsunternehmen mit Praxiserfahrung die nötige Begleitung und Schulen der ICT-Verantwortlichen vor Ort unterstützen, was immer noch bei weitem günstiger ist, als von dauerndem externem Support abhängig zu sein.

 

Modular und flexibel

Eine Mehrjahresplanung, in welcher alle ein bis drei Jahre die Ersatzbeschaffung eines «Moduls» vorgesehen ist – z.B. Ersatz von Switches und Firewalls, Wireless Access Points, Drucker oder Tablets, unterstützt die in den vorangegangenen beiden Abschnitten erwähnten Vorgehensweisen. Im Zuge der dadurch erzeugten Transparenz, läuft man auch nicht Gefahr in Verdacht zu geraten, eine nicht statthafte Aufteilung eines Gesamtpakets zum Zwecke der Verhinderung der Notwendigkeit einer öffentlichen Ausschreibung vorzunehmen. Die Schule bleibt Herr der eigenen Planung, die Notwendigkeit von aufwändigen und teuren Evaluationsrunden entfällt ebenfalls. Dank der Überschaubarkeit wird das Risiko von Fehlplanungen oder – im schlimmsten Falle – deren negative Auswirkungen, viel kleiner.

 

ICT-Konzept: Papiertiger oder gelebte Vision?

ICT-Konzepte sind in Mode, hat eine Schule keines gilt sie als unvorsichtig oder gar rückständig – häufig zurecht! Die Frage ist nun aber, ob eine Schule ein Konzept schreibt, weil sie es haben muss oder ob sie es hat und lebt und noch schreiben muss. Da viele Schulen (im kleinen Stil) schon seit Jahren erfolgreich ICT-Mittel einsetzen, muss die Erstellung des ICT-Konzepts aus meiner Sicht nicht immer an erster Stelle stehen. Es kann durchaus aus einem bereits gut funktionierenden Betrieb entstehen und wachsen und erste anschliessend von der informellen «Haltungs- und Arbeitsweisenebene» auf die formelle, schriftliche Ebene gehoben werden. Genauso wie die ICT-Infrastruktur modular und flexibel ersetzt und ergänzt werden soll, muss es auch mit dem Konzept geschehen: Es lebt und wächst mit, Konzept und Betrieb bedingen und bestimmen sich gegenseitig, nicht das eine das andere.

 

Fazit

Eine modernen ICT-Infrastruktur sollte als stetiger wachsender und sich entwickelnder Organismus mit modularen, austauschbaren Einzelteilen, welche zusammen emergente Eigenschaften herausbilden aufgestellt sein. Schaltstelle dieses Organismus’ sind dabei die pädagogischen und technischen ICT-Verantwortlichen, sowie die für die ICT zuständigen Führungspersonen und Behörden, welche versuchen, möglichst unabhängig und selbstbestimmt positiven Einfluss auf die Entwicklung des Gesamtsystems zu nehmen. Klumpenrisiken durch überladene Gesamtbeschaffungen sind zu vermeiden.

 Patrick Huggel

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