Einsatz von ICT in der Schule – step by step
Das digitale Zeitalter ist nicht erst angebrochen, wir leben mittendrin. Die Volksschule als politisch abhängiger und (direkt)demokratischen Prozessen ausgesetzte Institution hat grossen Nachholbedarf bezüglich Ausrüstung, Fachkräften wie TICTS und PICTS und Weiterbildung. Besonders wichtig ist es in dieser fordernden Situation, dass Schulleitungen, Schulvorstände und andere verantwortliche Stellen nicht in blinden Aktionismus verfallen. Schnell sind sonst Geräte da, mit welchen nichts angefangen werden kann.
Der richtige Partner
Grosshändler von Tablets, Computern und Peripheriegeräten sind selten die richtigen Ansprechpartner, um der Gefahr von Fehlkäufen entgegenzuwirken – möchten diese doch vor allem Geräte verkaufen und kennen die Bedürfnisse und Wünsche der Schulen nicht. Wichtig sind somit verlässliche Partner, welche Erfahrung mit dem Einsatz von ICT im Bildungsbereich haben. Nachfolgend eine nicht abschliessende Liste von wichtigen Punkten, welche vor einer Neu- oder Ersatzbeschaffung durchdacht werden sollten. Wie bereits erwähnt, holt man sich am besten einen Experten ins Haus, welcher mit allen Verantwortlichen zusammensitzt und einen Plan entwirft.
Was darf’s denn sein?
Bevor die Wahl auf einen bestimmten Gerätetyp und eine spezifische Stückzahl fällt, sollte genau evaluiert werden, welche Ziele mit der zukünftigen ICT-Ausrüstung verfolgt werden. Sollen Arbeitsprozesse der Lehrpersonen erleichtert werden? Soll der Unterricht durch zusätzliche Medien neue Entwicklungsmöglichkeiten erhalten? Wird ein möglichst papierloser Unterricht angestrebt? Sollen traditionelle Medien ergänzt oder ersetzt werden? Was ist bereits vorhanden und funktioniert noch, das als Fundament für die neuen Geräte benutzt werden könnte? Welche Systeme ermöglichen die Benutzung der Apps, welche ich einsetzen möchte?
Beispiel 1: Sollen die Hellraumprojektoren und Wandtafeln durch moderne Mittel ersetzt werden, können Visualizer und interaktive Wandtafeln sinnvoll sein. Ein iPad mit AppleTV und Projektor («Beamer») beherrscht aber alle Funktionen eines Visualizers ebenfalls und kann dazu auch noch gleich als interaktives Whiteboard genutzt werden – dazu noch zu einem viel günstigeren Preis, was mehr Budget für andere dringende Anschaffungen lässt.
Beispiel 2: Eine vorhandene, funktionierende Drucker- oder WLAN-Infrastruktur muss nicht komplett ersetzt werden, nur weil neue Tablets und Computer angeschafft werden. Wie wäre es mit einem sporadischen Ersatz defekter Geräte, mit welchem auf ein neues Konzept hingearbeitet wird? Schulvorstände und Gemeinderäte lassen sich von solchen ökonomischen Ideen schneller begeistern, als von einer «Tabula-rasa-Strategie».
Der Weg zum Ziel
Ist klar, wohin der Weg führen soll, muss berücksichtigt werden, dass Geräte standardmässig in der Verpackung geliefert werden. Der Händler hat seine Arbeit getan, dem Benutzer steht nun die Inbetriebnahme, Inventarisierung und Integration der Geräte ins System bevor. Gut, wenn man sich vorher folgende Gedanken gemacht hat: Wie viele Geräte werden wir haben? Können wir alle Geräte einzeln aufsetzen und für Softwareänderungen (Updates, neue Apps, etc.) einzeln einsammeln oder benötigen wir ein automatisiertes System? Wie inventarisiere ich die Geräte? Wer organisiert die Verteilung und wie? Sollen die Lehrpersonen an der Inbetriebnahme der Geräte beteiligt werden (Ertüchtigung zum selbständigen First-Level-Support)? Ist mein Netzwerk für die gewünschte Anzahl Geräte ausgelegt? LAN und/oder WLAN? Wie werden die Schülerinnen und Schüler gegen unangebrachte Inhalte aus dem Netz geschützt? Wie sichere ich mein Netzwerk gegen aussen ab? Wie ist mein Netzwerk organisiert (DNS, DHCP, etc.)? Welche Software und Accounts benötige ich, um die Geräte wie gewünscht zu benutzen.
Beispiel 1: Eine Schule besorgt einen iPad-Koffer mit 30 Geräten. Alles Geräte einzeln von Hand in Betrieb zu nehmen und zu warten ist illusorisch, es muss ein MDM (Mobile Device Management) her.
Beispiel 2: Die Speicherung von grossen Datenmengen ist nötig und es soll mit Tablets gearbeitet werden – wahrscheinlich ist die Einrichtung und Betreibung einer Cloud notwendig.
Übung macht den Meister
Die besten Geräte nützen nichts, wenn sie von den Endnutzern nicht eingesetzt werden. Dies benötigt Motivation in Form von Weiterbildungen, welche durch Personen aus der Praxis geführt werden. Dadurch kristallisieren sich auch interne «Expertinnen» und «Experten» heraus, welche zukünftig Kurse für bestimmte Apps oder Prozesse anbieten können. Folgende Gedanken sind zu machen: Wie führen wir die Geräte bei den Lehrpersonen ein? Welches technische, didaktische und pädagogische Wissen wollen wir weitergeben? Benötigen wir einen pädagogischen ICT-Support? Wie wird die permanente Weiterbildung im Kollegium gesichert? Welche Verbindlichkeiten bestehen bezüglich Einsatz der neuen ICT-Infrastruktur? Welche alten Prozesse wollen wir ergänzen, welche ersetzen und welche ersatzlos streichen? Wo bringen ICT-Geräte reinen Ersatz, wo Mehrwert? Wo und wann brauchen wir externe Expertise?
Beispiel 1: Es wird OneDrive von Microsoft als Cloud auf iPads und MacBooks eingesetzt. Eine Lehrerin arbeitet mit den Schülerinnen und Schülern bereits seit einem Jahr damit. Diese kann evtl. zur Durchführung eines entsprechenden Kurses für das Kollegium motiviert werden.
Beispiel 2: Die Klassen sollen mit Apples «Classroom» geführt werden. Nach der Einführung muss der Informationsfluss über Neuerungen ständig gewährleistet sein.
Alles läuft – fertig! … oder?
So einfach ist es leider nicht. Ein ICT-Infrastruktur muss sowohl aus technischer wie aus pädagogischer Pflicht ständig gewartet, gepflegt, erweitert und ersetzt werden. Wertvoll sind ein pädagogischer (PICTS) und ein technischer ICT-Supporter (TICTS) vor Ort, welche sich um die entsprechenden Prozesse kümmern. Die Entwicklung von ICT-Konzepten ist aber immer auch Chefsache, weswegen die ICT-Verantwortlichen unbedingt eine Stabsstelle der Schulleitung zu bilden haben. Ebenfalls Pflicht ist ein Gefäss zum Austausch zwischen Schulleitung, ICT-Verantwortlichen und eventuellen anderen Playern, wie Gemeinderäten, Schulvorstandsmitgliedern, Schulsozialarbeitern (z.B. Thema Cybermobbing) oder Schulpflegern – z.B. in Form einer Steuergruppe.
Viele Wege führen nach Rom
Die grobe Stossrichtung und einige Richtlinien sind also gegeben. Trotzdem ist der Weg zur erfolgreichen Digitalisierung für jede Schule ein individueller. Umso wichtiger ist es, sich des eigenen Weges bewusst zu sein und sich bei Bedarf von Anfang bis Schluss oder sporadisch von kompetenten Partnern, welche das «Bildungshandwerk» kennen begleiten zu lassen.
Patrick Huggel
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